Gibt es so etwas? Einen
Fluch auf einer Familie? Ein Unheil, das sich über Generationen durch eine
Familie zieht und immer wieder an die Oberfläche kommt? Um das zu beantworten,
braucht man sich nur umzusehen. Es gibt Familien, die scheint wirklich alles zu
treffen. Ein Unglück nach dem anderen entlädt sich über ihnen. Krankheit, Tod,
Trennungen und Streit ziehen sich wie ein roter Faden durch die Generationen.
Und oft fragt sich das mitleidige Herz, wie gerade diese Menschen das verdient
haben sollen. Wenn man das Internet durchstöbert findet man allerhand über
Flüche, die auf Familien liegen und ein reichhaltiges Angebot – vermehrt aus
der Esoterik – dem zu entkommen. Das Phänomen, dass sich Unglücksfälle,
Selbstmorde, Totgeburten, Depression oder Krankheiten wie ein Muster in
gewissen Familien verdichten, ist vielerorts zu beobachten.
Studien aus der
medizinischen Forschung haben belegt, dass wir von unseren Vorfahren gewisse
Dispositionen erben. Anlagen zu Krankheiten oder die Krankheit selbst. Dann
heißt es beispielsweise: auch dein Großvater hatte schon einen Hang zu
Depressionen; oder man erkrankt an Krebs und stellt dann in der Anamnese fest,
dass es in den vorhergehenden Generationen auch schon Krebserkrankungen gab. Im
Fall der biologischen Erbfolge nehmen wir dieses Erbe als unausweichlich an und
hoffen inständig, dass es bei uns nicht zum Tragen kommt. Und fänden wir eine
Heilungsmethode, die nicht nur uns, sondern auch unsere Kinder von der
Belastung entbände, würden wir alles dafür geben.
Ebenso kann sich die Sünde
unserer Vorfahren sehr konkret auf unser Leben auswirken, da wir dieses Erbe
ebenso tragen wie das biologische. Geht man auf die geistige Ebene, fällt es
den meisten schwer, eine solche „Erbfolge“ anzuerkennen, auch wenn sie spürbar
Auswirkungen auf das Leben hat. Etwas im Mensch wehrt sich, die „Sündenfolge“
als Tatsache anzuerkennen. Denn sind wir nicht selbstbestimmte, freie Menschen?
Können wir nicht alles allein aus uns heraus schaffen, lösen und erreichen,
wenn wir nur wirklich wollen? Wie sollte eine Sünde meiner Großväter sich auf
mein heutiges Leben auswirken? Es entspricht unserem Denken, dass wir nur das
ausbaden, was wir selbst verschuldet haben und nicht das, was andere
verschuldet haben!
Aber immer wieder kommen
Menschen in ausweglose Situationen. Es gibt Abfolgen unerklärlichen Versagens,
was zu lähmenden Angstzuständen führt. Oder es geschehen Verkettungen
unglücklicher Umstände, die mit rationalem Denken nicht mehr erklärbar sind.
Oft sind es in der betroffenen Familie typische und wiederkehrende Muster. Und
je mehr man sich dann mit dieser Familie/Familiengeschichte auseinandersetzt,
desto mehr muss man feststellen, dass es "wie ein Fluch" ist.
Interessanterweise stößt
man gerade in katholischen Kreisen auf Ablehnung dieser Thematik. Der
katholische Christ wehrt sich dagegen, dass ein Fluch auf ihm selbst oder der
eigenen Familie lasten könnte. Es scheint dem Erlösungswerk Jesu zu
widersprechen. Wie kann jemanden eine solche Last und Auswirkung treffen, wenn
er an Jesus Christus glaubt, sich zu ihm bekennt und seine Vergebung angenommen
hat?
Die Erbsünde
oder Ursünde führte zum Tod. Durch Jesus Christus haben wir das Leben. Aber wir
leben in dieser, der gefallenen Welt und sind den
Folgen der Erbsünde demnach ausgesetzt – trotz der Erlösung. Dieser Aspekt wird
gerne ausgeblendet, so wie die Relevanz des Alten Testament oft angezweifelt
wird. Sich jedoch nur auf das Neue Testament zu beziehen ist kurzsichtig und unvollständig,
können wir doch das meiste aus dem Neuen ohne das Alte gar nicht wirklich
verstehen. Beide Testamente gemeinsam sind das Wort
Gottes und so sind die Wahrheiten aus dem Alten im Neuen zwar vollendet, damit
aber nicht aufgehoben.
Die gute Nachricht ist,
dass wir dieser „Sündenfolge“, die auch unverschuldet auf uns liegen mag, nicht
hilflos ausgeliefert sind. Denn Jesus Christus IST für uns gestorben und hat
für uns mit seinem Blut bezahlt. Genau an diesem Punkt fassen das Alte und das
Neue Testament wie ein Zahnrad ineinander. Was uns das Alte Testament in oftmals schwer erträglicher, drastischer
Weise an Prinzipien und Wahrheiten vor Augen hält, wird durch das Neue
Testament in ein helles Licht der Hoffnung gerückt. Die Prinzipien und
Wahrheiten werden nicht aufgehoben, aber durch Jesus Christus ist uns der
Schlüssel zur Erlösung gegeben.
Das Wort Gottes besteht
nicht nur aus Gesetzen, sondern auch aus Prinzipien. Es gibt geistliche und
physische Prinzipien, die sich im Wort Gottes wiederholen. So gibt es einzelne Beschreibungen, die einmalig
vorkommen und so zeitspezifisch gedeutet werden dürfen. Es gibt jedoch auch so
genannte Göttliche Prinzipien, die
sich durch die ganze Bibel ziehen. So steht beispielsweise im dritten Buch Mose
20,9 „Jeder, der seinen Vater oder seine
Mutter verflucht, wird mit dem Tod bestraft. Da er seinen Vater oder seine
Mutter verflucht hat, soll sein Blut auf ihn kommen.“ Dem gegenüber steht
das vierte Gebot, welches die andere Seite des gleichen Prinzips beleuchtet: „Du sollst deinen Vater und deine Mutter
ehren, auf dass es dir wohl
ergehe und du lange lebest auf Erden.“ Dem Fluch steht der Segen gegenüber. Das Prinzip, dass der Umgang mit den eigenen Eltern eine
konkrete Auswirkung auf das eigene Leben hat, kann man in vielen biblischen
Geschichten wieder finden und auch heute kann es jeder persönlich erleben.
Wir lesen in der Bibel
immer wieder, dass die, die Gott lieben und seine Prinzipien achten,
vielfältigen Segen erhalten werden. Dem steht gegenüber, dass wenn wir
sündigen, wir dem Feind ein Einfallstor öffnen. Und im Zustand nach der Sünde
hat dieser ein legales Anrecht darauf, uns „zu bestehlen, zu zerstören und
zu töten“ Joh.10,10. Weil wir es ihm
eingeräumt haben, durch die Sünde. Nun gibt es die Einstellung, einem Christen
könne ja nichts mehr passieren, wenn er sein Leben in Jesu Hände gegeben habe,
da jetzt Jesus für ihn streitet. Aber das stimmt nicht, und ein Blick in unsere
Welt genügt, um das zu erkennen.
Es ist wahr, dass Jesus den
Streit bereits gewonnen HAT. Aber jeder Mensch ist dazu berufen, ein aktiver
Mitstreiter zu sein und die Waffen,
die Jesus ihm hinterlassen hat, zu nutzen. (siehe Eph. 6,10ff) Mit seinen
letzten Worten am Ende des Markusevangeliums, sendet er seine Jünger aus, um
Dämonen auszutreiben. Er sagt nicht, sie seien alle bereits ausgetrieben, weil
er auferstanden ist. Er ruft seine Jünger auf, aktiv zu werden. Es liegt kein
Heil in der Passivität.
Jesus hat den Preis für
uns bereits gezahlt. Aber wir müssen uns in Bewegung setzen und dies annehmen.
Wir müssen in Anspruch nehmen, was uns Gott legal zugesagt hat - was uns als
seinen Söhnen und Töchtern zusteht. Er zwingt es uns nicht auf, da er sich
nicht über unseren freien Willen stellt. Durch Jesus sind die Gesetze des alten
Bundes nicht aufgehoben, aber seine Gegenwart in uns lässt das Gesetz der Liebe
Wirklichkeit werden. Dennoch gelten für die Welt die unveränderlichen Gebote
Gottes, die Jesus mit seinem Kommen nicht aufgehoben, sondern vollendet hat. Tun
wir also Dinge, die Gott ein Gräuel sind, so öffnen wir die Tür, die dem Feind
ein legales Anrecht gibt, uns zu zerstören und zu töten. Und dieses Anrecht
fordert er ein, wie man in vielen Familien beobachten kann.
Jesus ist gekommen, um
dieses legale Anrecht des Feindes aufzuheben. Er hat alle Schuld auf sich
genommen, um uns einen Weg in die Freiheit zu bahnen. Und doch ist seine
Erlösung keine Automatik. Es ist nicht so, dass wir mit einem einmaligen „Ja“
unserem Herrn Jesus Christus einen Blanko-Schein ausstellen und er sich dann
ohne unsere Wahrnehmung und unser Zutun um alle Baustellen kümmert die er
findet. Denn er ist der Weg, die Wahrheit und das Leben. Und das bedeutet
Bewegung, Beziehung und Entwicklung. Es ist immer wieder an uns, aus freiem Willen
Ja zu sagen, zu diesem - seinem -
Geschenk. Mit jedem Ja, das wir
sprechen, räumen wir ihm mehr Raum ein, unser Inneres zu beleuchten und die
dunklen Stellen zu finden und zu beseitigen.
Und mehr noch.
Setzen wir uns seinem
heilenden und heiligenden Licht aus, können wir uns für unsere Nachkommen in
den Riss stellen und verhindern, dass eine Sündenfolge auf unsere Kinder
übergeht. Konkret heißt das, sich mit den Sünden der Vorfahren
auseinanderzusetzen, vom heiligen Geist führen zu lassen und beispielsweise für
das Geschehene stellvertretend um Vergebung zu bitten. Es gibt geistliche
Angebote, die einem auf diesem Weg beleiten. (weiterführende Literatur:
„Juliana“ von Marie-Sophie Lobkowicz, Präsenz-Verlag)
Gott, der Vater, bietet
uns in seinem Sohn seine Gemeinschaft an und erneuert seine Beziehung zu uns
Menschen. Er tut das ohne jede Bedingung, außer der kindlichen Bereitschaft,
sich beschenken zu lassen. In jenem verharmlosenden „außer“ steckt jedoch der
ganze Kern des Problems: es muss erst,
„der alte Mensch gekreuzigt werden, damit der Leib der Sünde vernichtet werde
und wir nicht Sklaven der Sünde bleiben“ Röm 6,6. Sich beschenken zu lassen
klingt so leicht, ist es aber augenscheinlich nicht. Es ist ein Weg mit Gott;
ein Lernen und Begreifen und immer neues Erkennen, wo unser alter Mensch noch
nicht gekreuzigt wurde und wir nicht in der Lage sind, das Geschenk anzunehmen,
das er für uns bereit hält.
Erstaunlicherweise sind
viele eher bereit, sich den schrecklichen Umständen zu ergeben, als die Hände
zu öffnen und sich befreien zu lassen. Jeder kann in sich gehen und das für
sich persönlich prüfen. Und jeder wird wohl dieses Gefühl kennen, wenn man
unverdient etwas Großes geschenkt bekommt. Das Gefühl es nicht verdient zu
haben. Das Gefühl nichts, aber auch gar nichts, im Gegenzug geben zu können.
Die meisten werden zugeben, dass dies kein gutes Gefühl ist. Es trägt etwas von
Scham und Demut in sich. Und damit können wir Menschen nicht recht umgehen -
seit dem Tag, an dem Adam und Eva vom Baum der Erkenntnis gegessen haben.
Im Deuteronomium 28 werden
Segen und Fluch genau beschrieben. Gott will den Menschen ein Leben in Fülle
schenken. Auch, und vor allem den Familien. Denn eine Familie, angefangen mit
der Ehe, ist die kleinste Einheit, in der die liebende Beziehung des
dreifaltigen Gottes sichtbar werden darf. Aber bei denjenigen, die anderen
Götter dienen und sich gegen ihn auflehnen, werden die Folgen ihrer Sünden bis
in die vierte Generation zugelassen: „Bei
denen, die mir Feind sind, verfolge ich die Schuld der Väter an den Söhnen und
an der dritten und vierten Generation“ (Deut. 5,9) und in Exodus 34,6-7
steht ganz klar: „Er verfolgt die Schuld
der Väter an den Söhnen und Enkeln, an der dritten und vierten Generation.“
Das erscheint logisch, da die vierte Generation das Maximum ist, welches ein
Mensch in seiner Nachkommenschaft erleben kann. Das beste Beispiel ist die
gesamte Heilsgeschichte der Juden, in der sich das Wechselspiel von Fluch und
Segen beobachten lässt.
So oft steht die Frage im Raum: Wenn Gott ein Gott der Liebe ist, warum
gibt es soviel Unheil, Hunger, Elend und Leiden auf dieser Welt? Für viele hat
der Ursprung dieser Frage seine Wurzel in der eigenen Familie und in den
eigenen Umständen. Denn an sich selbst und an seinem Nächsten erfährt der
Mensch die raue Wirklichkeit. Und je näher ein Unglück geschieht, desto tiefer
trifft es ihn persönlich und lässt sich nicht mehr auf einer abstrakten Ebene
betrachten. Aus christlicher, biblisch fundierter Sicht ist die Antwort auf
diese Frage eindeutig:
Es ist die Frucht der Sünde und das vernichtende Werk Satans. Weil Gott dem
Menschen die Wahl gegeben hat, sich zu entscheiden zwischen Leben und Tod,
Segen oder Fluch. Wem dienst du? Gott oder Satan? Es gibt nur Licht oder
Finsternis. Viele wollen sich für die graue Zone entscheiden. Sie wollen weder
Fisch noch Fleisch sein.
Aber diesen grauen Bereich gibt es nicht
Das Wunderbare am Glauben ist, dass wir die Freiheit geschenkt bekommen
haben uns zu entscheiden. Und dass wir jeden Tag aufs neue Ja sagen können zu unserem Gott. Und wenn wir das tun, dann setzt
er uns Stück für Stück frei und wir erleben, wie der Segen, den er für uns
bereithält, beginnt zu fließen.