Dienstag, 29. Dezember 2009
(inspiriert von Ida)
Freitag, 18. Dezember 2009
Poem 3
Es war als hör ich eine Stimme,
in meinem Innern, doch recht laut,
Ich lausche, schärfe meine Sinne,
sie klingt so fremd und doch vertraut.
Beim Namen ruft sie mich mit Macht,
ich bebe, ahne wer da spricht,
noch halt ich meine Furcht in Schacht,
doch meine Antwort kommt noch nicht.
Denn innen drin, es zerrt und zieht,
ich kann es nicht verstecken,
ich fürchte nur, dass er es sieht,
die Schwärze und den Schrecken.
Doch ganz beharrlich, ohne Pause,
spricht die Stimme meinen Namen
sie sagt, sie ist in mir zu Hause,
schon lange, wie ein kleiner Samen.
Sie bittet mich um Raum in mir,
zum wachsen, ja zu blühen gar,
ich zögere es scheint mir schier,
als wären tausend Fesseln da.
Ich will gehorchen, Raum ihr geben,
doch hält mich etwas jäh zurück,
Ich scheine in mir selbst zu schweben,
mich auszustrecken nach dem Glück,
Doch weicht es stetig von mir fort,
ich krieg es nicht zu fassen,
ich heule auf am dunklen Ort
doch will ich’s noch nicht lassen.
Was hält mich, frag ich zornig nach,
ich will doch Raum dir schenken,
Da ist’s als ob ein Bann zerbrach,
ganz plötzlich kann ich lenken,
den Willen, frei, wie uns versprochen,
nun seh ich klar wer spricht.
Er hat sein Wort noch nie gebrochen,
doch weicht die Furcht noch nicht.
Die Stimme spricht in sanftem Ton,
ein Säuseln, leis und zart,
da schlag ich meine Furcht mit Hohn,
zur Hölle hin sie fahrt.
Ich wende mich zur Stimme hin.
„hier bin ich – komm herein,
weil ich von jetzt ganz Dein nur bin,
erfüll mein ganzes Sein“
Da jubeln Engel laut im Chor,
„das Schaf es war verloren,“
ich stammle, komme klein wir vor
„zur Rettung auserkoren.“
Dienstag, 15. Dezember 2009
Unterbrechung
Sonntag, 13. Dezember 2009
Um halb zwölf ist Studentenmesse in der Ludwigskirche. Eine sehr humane Zeit und wenn man selbst da noch zu spät kommt, dann kann man gleich weitergehen zur Kajetanerkirche. Da ist um 12 Uhr Messe. Allerdings nenne ich sie auch Staubmesse. Weil sie so trocken ist, dass man einen Hustenreiz bekommt. Zum Glück bin ich ein pünktlicher Mensch und kann meinen Hustensaft Zuhause lassen. Student bin ich nicht mehr, aber schließlich darf jeder zur Studentenmessen kommen. Alt und jung. Die Gemeinde ist bunt gemischt. Als der Priester herein kommt, verstehe ich den Ausdruck gleich noch besser. Jung schaut er aus. Sehr jung. Eigentlich eher wie ein Abiturient, nicht älter als 18. Aber er ist schon Priester, also muss dieser Schein trügen. Und was er sagt hat Kraft und tut gut. Ich sitze in der dritten Reihe vorne. Vor mir in der Bank sitzen ein älteres Ehepaar und ein grauhaariger Mann, der eine kreisrunde Glatze hat. Gottes Einfallsreichtum was Haare angeht ist wirklich unermesslich.
Nach etwa 20 Minuten setzt sich ein Männlein in die erste Reihe. Ich sage Männlein, weil er nicht besonders groß ist und irgendwie was Rührendes an sich hat. Er trägt einen grauen Mantel und mit umständlichen Bewegungen streift er sich die Mütze vom Kopf und legt ordentlich den Schal und die Handschuhe auf die Kirchenbank. Noch ein bisschen nach rechts. Passt. Während der Chor prachtvoll singt, dreht das Männlein sich plötzlich um, sieht entschuldigend das Ehepaar an und sagt laut: „Tschuldigung – bin bissle zu spät dran...“
Das Ehepaar sieht ihn völlig entgeistert an und versucht mit andächtigem Blick nach vorne zum Altar zu blicken. Sie blicken einfach an ihm vorbei. Offensichtlich kennen sie das Männlein gar nicht. Es ist ihnen peinlich. Oder sie wissen nicht, wie sie mit einer solchen Situation umgehen sollen. Noch einmal dreht sich das Männlein um und sagt etwas, was ich diesmal aber nicht verstehen kann. Dabei deutet er auf sich, dann auf den Altar. Und er lacht. Ich lächle ihm zu. Seine Augen stehen ein ganz klein wenig schräg und sein rundes Gesicht ist durch und durch freundlich und gutherzig. Könnte ich seine Hände sehen, dann hätten sie eine Spalte auf der Handfläche. Er grinst mich mit diesen liebenswürdigen, blauen Augen an und konzentriert sich dann wieder nach vorne. Lange kann er sich offensichtlich nicht konzentrieren. Ich muss mir ein Lachen verkneifen, als er beginnt ziemlich geräuschvoll sein Kleingeld zu zählen. Ich kann ihm ansehen, dass er völlig darin versunken ist. Das klimpern macht ihm Freude. Als alles gezählt ist, steck er es sorgfältig in seine Hosentasche.
Das ältere Ehepaar sieht immer wieder zu ihm rüber. Zunehmend giftig. Verärgert. Er stört die Ruhe. Die Andacht. Die Sonntagsmesse. Sie tun mir leid. Sie können durch ihren Ärger gar nicht die Freude des Männleins erkennen. Und was für ein Sonnenstrahl er mit in die Kirche gebracht hat. Sein glückliches, völlig kindliches Gesicht. Die kurzen Momente, wo er seine Konzentration sammelt und voller Andacht zum Altar sieht. Inniges Gebet. Laut gemurmelt. Und dann wippelt er auf seiner Bank. Schaut sich immer wieder um. Lacht mich an und deutet immer wieder zum Altar und dann auf sich.
Als der Ministrant mit dem Körbchen rumkommt schmeißt das Männlein mit sichtlichem Entzücken sein ganzes, genau gezähltes Kleingeld hinein. Er kramt es bis zum letzten Cent umständlich aus seiner Hosentasche. Es klimpert. Er setzt sich wieder. Zum Geld einwerfen ist er nämlich vor Aufregung aufgesprungen. Als der Priester die Hostie hoch hält, dreht sich dass Männlein wieder um und deutet erst auf sich, dann nach vorne: „Das ist Jesus! Er ist mein Freund!“ Diesmal kann ich die Worte deutlich hören. Oder vielleicht spüre ich sie in meinem Inneren. Als die Kommunion ausgeteilt wird ist mein Männlein der erste am Altar. Er kniet sich nieder und betrachtet die Hostie lange, bevor er sie andächtig in den Mund schiebt. Dann geht er. Er geht einfach. Er kniet noch mal kurz nieder und wandert dann geschäftig um sich blickend aus der Kirche. Ich muss lächeln. Ja. Ich kann verstehen, warum Jesus sein Freund ist. Ich wäre auch gerne mit dem Männlein befreundet. Dem Sonnenschein.
Freitag, 11. Dezember 2009
Ich sitze meinem Großvater gegenüber und er sagt er habe eine Idee. Er will mich nicht überrumpeln, meint er, aber ich weiß, dass er es im selben Atemzug tun wird. Ich habe nichts dagegen von meinem Großvater überrumpelt zu werden. Das kenne ich bereits. Meist steckt eine Herausforderung dahinter und das mag ich.
Er will dieses Buch schreiben – noch ein Buch. Und nein! Er will es eigentlich nicht selbst schreiben, sondern hauptsächlich in Gang bringen. Das tut er oft mein Großvater – er bringt Dinge in Gang, setzt Dinge in Bewegung. Das kann er gut. Und meistens beginnt es mit einem Rumpel. Daran gewöhnt man sich.
Nun stehe ich vor der Herausforderung zu reflektieren, wie ich die charismatische Erneuerung erlebt habe und im Vergleich dazu die Bewegung der messianischen Juden. Denn darum soll es gehen in diesem Buch. Um Parallelen in der Entwicklung dieser Bewegungen zu entdecken und um Brücken von der Einen zu der Anderen zu schlagen. Ich kann das nur sehr persönlich schreiben und deswegen wird mein Beitrag ein sehr subjektiver Bericht werden. Denn weder bin ich mit der geschichtlichen Entwicklung der beiden Gruppen vertraut, noch weiß ich viel über die realen Brücken, die schon zwischen ihnen bestehen oder gerade wachsen. Das müssen andere, kundigere Menschen beschreiben. Ich kann nur erzählen, wie ich die Bewegungen persönlich erfahren habe und was ich dabei gespürt habe. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.
Die charismatische Erneuerung kenne ich schon lange – schon als Kind war ich mit meinen Eltern auf Kongressen, die sehr charismatisch angehaucht waren. Mit 14 wurde ich dann auf ein Sommerlager der charismatischen Erneuerung geschickt. Ich hatte nichts dagegen. Zelten unter freiem Himmel, Würstchen am Lagerfeuer braten, Workshops über verschiedene Themen… dass alles versprach lustig zu werden.
Schon der erste Abend hat mich allerdings völlig aus der Bahn geworfen – ja überfordert. Wir waren alle in einem großen Zelt versammelt und es sollte „Lobpreis“ stattfinden. Es spielte eine Band und man konnte die Liedtexte von einer Leinwand ablesen. Da stand ich nun inmitten von singenden und betenden jungen Menschen. Ich beobachtete, was ich heute immer wieder als Klischee über Charismatiker höre: Manche hatten ihre Hände zum Himmel ausgestreckt, während sie beteten; andere schienen wie in Trance zu sein; wieder andere beteten in einer mir unverständlichen Sprache, die als Zungengebet bezeichnet wurde. Als dann auch noch ganz in der Nähe von mir jemand umfiel, für den gerade gebetet worden war, wurde es mir zu viel und ich bin raus.
Ich war ziemlich durcheinander. Einerseits machte diese Art zu singen mir Spaß, die Leute waren nett und die Stimmung war sehr fröhlich. Aber in diesem Moment meiner Flucht war ich mir sicher, nicht unterscheiden zu können, ob ich vielleicht an einer Satansanbetung teilgenommen hätte. Es waren mir zu viele Menschen, die zu sehr fasziniert waren. Es faszinierte mich auch, machte mir aber gleichzeitig Angst. Ich wusste nicht wohin mit mir. Meine Geschwister und Freunde, die mit mir auf dem Lager waren, schienen sich nahtlos in die Masse einzufügen.
Also machte ich mich auf die Suche nach einem katholischen Priester. Anfangs war uns einer vorgestellt worden. Ich hatte ein tiefes Urvertrauen zu allem Katholischen, worin ich auch aufgewachsen bin. Dort fühlte ich mich auf bekanntem und sicherem Gelände. Auf jeden Fall hatte ich Vertrauen, dass ein Priester mich nicht belügen würde und mir helfen konnte. Dieser Priester hat mir dann eine ganz wichtige Sache gesagt, die mich bis heute begleitet:„Der Unterschied liegt in der Freiheit.“
Er sagte ich solle es mal versuchen. Ich könne mich einfach hinsetzten, zwischen all die singenden und jubelnden Menschen und es beobachten. Gott würde mich immer einladen, niemals jedoch zwingen. Daran könne man ganz klar den „Geist“ einer solchen Versammlung erkennen. Ich war ziemlich erleichtert und habe es genau so gemacht, wie er sagte. Die ganzen Tage habe ich mich immer wieder einfach hingesetzt und beobachtet – nur um mir selbst zu beweisen, dass ich mich nicht von der Massenbegeisterung einfangen lasse. Und schließlich konnte ich ganz aus mir heraus – weil ich mich dafür entschieden hatte, aufzustehen und mitzusingen – ja sogar die Hände zum Himmel zu erheben, weil es solche Freude in mir auslöste.
Über die Jahre habe ich viele Erfahrungen mit charismatischen Gruppen gemacht und von vielen, sehr unterschiedlichen Begegnungen habe ich viel geschenkt bekommen und gelernt. Das Gefühl der Freiheit, dass ich damals kennen gelernt habe, hat sich mir oft als Richtschnur erwiesen…
Die Bewegung der messianischen Juden habe ich erst später über meine Großeltern kennen gelernt und ich stehe mitten in der Auseinandersetzung mit diesem – nennen wir es mal Phänomen. Der enge biblische Zusammenhang fordert mich heraus. Juden erkennen Jesus als ihren Messias. Sie begreifen sich in der Regel als Juden, als Nachkommen des auserwählten Volkes Abrahams und Jakobs, die jedoch Jesus von Nazareth als den Messias anerkennen. Sie erkennen, dass alle Prophezeiungen aus ihren Schriften in ihm erfüllt werden. Ihnen werden die Augen geöffnet – die Blindheit wird von ihnen genommen. Durch Visionen, Träume – aber auch auf leichter erfassbaren Wegen. Wenn ich das sage, klingt das anmaßend, wenn einer von ihnen selbst erzählt, wie er es erlebt hat, dann klingt das in vielen Fällen unglaublich und faszinierenden. Wage erinnere ich mich an eine Begegnung mit einer messianischen Gemeinde in Jerusalem, als ich 16 war. Schon damals habe ich diese Faszination verspürt, aber ich habe mich nicht weiter damit befasst. Die erste tatsächliche Begegnung liegt erst ein paar Jahre zurück. Das war ein Vortrag bei meiner Tante und der messianische Jude hieß Arni Klein. Er erzählte seine Geschichte und stellte sich dann den Fragen. Und es gab natürlich viele Fragen. Warum wird man nicht Christ, wenn man sich taufen lässt? Warum schließt man sich nicht einer bestehenden Konfession an? Was ist das besondere am messianischen Judentum? Wie feiern sie Abendmahl oder Messe bzw. den Sabbat? Wie definieren sie sich selbst? Was erwarten sie von den Kirchen? Anerkennung? Sind sie organisiert – heißt haben sie etwas wie einen Bischof oder so? Ich kann hier jetzt nicht die Antworten zu diesen Fragen geben, aber ich hoffe, dass die anderen Beiträge in diesem Buch das tun. Was mich beeindruckt hat war, wie offen und frei Arni Klein auf alle Fragen einging. Viele seiner Antworten unterstrich er mit Zitaten aus der Bibel…und sehr deutlich war eine persönliche Beziehung zu Jesus Christus heraus zu hören.
Noch eindrucksvoller war es bei Waldimir Pikman, den ich etwas später kennen gelernt habe. Er ist der Leiter der messianischen Gemeinde in Berlin und hat eine große rethorische Begabung, sowie eine fundierte theologiesche Ausbildung. Er erzählt von sich, er habe einem Freund, wie er Jude, durch das Studium der Schrift beweisen wollen, dass man als Jude nicht an Jesus glauben könne - und sei dann vom Gegenteil überzeugt worden. Und es sprüht aus ihm heraus. Diese Liebe, diese Freiheit, die er durch diese Erkenntnis gewonnen hat.
Ich habe bereits einige messianische Juden kennen lernen dürfen – alle mit sehr unterschiedlichen, ergreifenden Geschichten.
Sollte ich nun eine Parallele der beiden Bewegungen aufzeigen, so kann ich wie gesagt nicht in die Geschichte gehen – zu wenig weiß ich über beide, als dass ich eine Aussage treffen könnte. Auch weiß ich nichts über Überschneidungen. Ich kann nur von meiner Wahrnehmung erzählen. Und ich nehme in beiden denselben Geist wahr. Es muss wohl der Hl. Geist sein, der sich hier unterschiedlich und doch klar definiert, erkennbar macht.
Ich habe sowohl bei den charismatischen Leitern, als auch bei den messianischen Juden, die ich kenne, dieselbe Leidenschaft erlebt. Sie rufen eine ähnliche Reaktion in mir hervor. Ich bin von ihrer Ausstrahlung angezogen und fasziniert. Weil beide Gruppen etwas in meinem Inneren ansprechen und wach rütteln: und mir dennoch gleichzeitig meine Freiheit lassen. Das ist der entscheidende, wichtige Punkt für mich. Ich spüre eine Suche nach der Wahrheit in ihnen – unterschiedlich ausgeprägt, aber doch ähnlich.
Was mich von Anfang an angesteckt hat – als ich zum Beispiel Wladimir Pikman habe sprechen hören – war diese ungemeine Lebendigkeit und Freiheit, die er ausgestrahlt hat. Und die feste Verankerung in der Hl. Schrift. Auch das finde ich bei den Charismaten wieder. Die enge Anbindung an das Wort Gottes. Beide Gruppen tauchen in dieselbe Quelle ein, um nach der Wahrheit zu suchen. Und beide tauchen mit einem unverkennbaren Merkmal wieder auf: Einer ganz persönliches Beziehung zu Jesus Christus – unserem Heiland.
Und das ist eine Besonderheit bzw. ein Schwerpunkt der beiden Bewegungen, dass sich bei ihnen alles auf Jesus ausrichtet. Das ist an vielen Stellen auffällig: in den Lieder, den direkten Gebeten, die Art und Weise der direkten Hilfesuche, im Danken, im ganzen Denken.
Gott Vater ist zwar ebenso wichtig, aber kaum direkt, ja in dieser persönlichen Form, angesprochen - so wie es heute in unser allen Kirchen eigentlich nur noch gemacht wird. Auch im Alltag heißt es doch immer: "Lieber Gott ..." aber so mancher schaut beschämt um sich, wenn er den Namen „Jesus“ direkt und unverblümt in den Mund nimmt.
Bei den Charismaten habe ich diese direkte und lebendige Beziehung zu Jesus so erlebt - das macht sie stark aus. Bei den messianischen Juden hat es noch einmal eine unmittelbarere, konkret lebensverändernde Bedeutung. In Jesus Christus unterscheidet sich alles für sie: Gott Vater und auch der Geist sind schon aus dem Alten Testament und der Tora bekannt und stellen keine Differenz zwischen Juden und Christen dar; aber der Sohn macht den ganzen Unterschied - er ist der Messias, er hat die Welt erlöst und verändert, er wird die Welt richten und auf sein Kommen warten die Juden, auf sein Wiederkommen die Christen.
Für einen Juden bedeutet Jesus als den Messias anzuerkennen ein Bruch mit seinen vorherigen Leben – auch wenn die messianischen Juden, die ich kenne, es nicht als Bruch sondern Erkenntnis, Vollendung bezeichnen würden. In ihren konkreten Lebensumständen bedeutet es jedoch häufig einen Bruch mit der Familie, mit den Freunden, mit der Tradition. Denn für einen gläubigen, gar orthodoxen Juden ist eines klar – Jude sein und an Jesus glauben: Das geht nicht.
Ich will jetzt hier nicht weiter darauf eingehen, aber ich denke dem Leser ist klar, dass sich hier ein weites Feld öffnet, was meinen Beitrag sprengen würde…
Unterm Strich brechen beide Bewegungen aus, aus dem, was ich „mein katholisches Gerüst“ nennen würde – bzw. eigentlich brechen sie nicht aus, sondern wachsen drüber hinaus. Beide Bewegungen sind gleichzeitig jünger und älter als das, was wir heute als katholische Kirche kennen. Die messianischen Juden berufen sich auf die Urgemeinde. Auf die tatsächlichen Wurzeln. Die Abstammung. Das Blut. Die Charismatiker haben für sich die Gaben des Geistes, die in der Urgemeinde ab Pfingsten lebendig waren, neu entdeckt. Sie leben neu aus der Kraft des Heiligen Geistes.
Für mich widerspricht das nicht meinem „katholischen Gerüst“, weil alle Ansätze dort zu finden sind – seien sie noch so eingeschlafen oder in Vergessenheit geraten. Im Gegenteil. Die Begegnung mit der charismatischen Bewegung und den messianischen Juden weckt in mir die Sehnsucht diese lebendige Quelle in der katholischen Kirche, die ich liebe, wieder auszugraben; zu erleben, wie sie wieder zu sprudeln beginnt und sich das Gerüst wieder mit Leben füllt. Und ich sehe und erlebe, dass dies möglich ist und schon geschieht. Zum Beispiel gibt es eine große wachsende katholische, charismatische Erneuerung. Und ich habe schon häufig erlebt, dass die Begegnung mit messianischen Juden die Menschen um mich rum zum nachdenken über – ja zum hinterfragen ihres eigenen Glaubens geführt hat.
Das Katholische ist ein gutes Gerüst, denn es steht auf einem Felsen – Jesus Christus. Wir haben also alle das gleiche Ziel und sprechen über das Selbe – Jesus Christus dem Messias und der Heiligen Schrift – die Parallelen sind vielfältig und dadurch das gemeinsame Potential wirklich hoch.
Als Bild gesehen sind für mich die charismatische Bewegung und die messianischen Juden wie zwei Bohrungen, die zur selben Quelle vorgedrungen sind. Es sprudelt an vielen Ecken und Enden. Und ich glaube, dass es ein großer, lebensspendender Fluss werden könnte – auch für die katholische Kirche, wenn diese Flüsschen zusammen fließen. Es fließt das gleiche, lebendige Wasser in ihnen und vereint können sie eine ungeahnte Kraft entwickeln. Und da will ich dabei sein. Da will ich mitten drin schwimmen.
Donnerstag, 10. Dezember 2009
Dienstag, 8. Dezember 2009
Poem 3
So ne Scheiße - ziemlich schade
Schau nach oben - nein nach unten
Wo sind Ecken - seh nur Klumpen
Wirr und ängstlich in der Welt
Der Du dich ganz allein gestellt
Mittwoch, 2. Dezember 2009
Poem 2
Die U-Bahn
Schweigen -
Die U - bahn ist laut,
voll Schweigen.
Blicke die nicht erblicken,
Leiber - aneinander gedrängt.
Meilen voneinander entfernt - so eng.
Das Schweigen schreit laut
ich fliehe - in keiner Zeit - eine Ewigkeit
die endlose Treppe hinauf.
Dienstag, 1. Dezember 2009
Poem
Melancholic Chewing gum
How low can you go,
how low before you are part of the pavement,
how low
- so low people won't even look at you
- recognize you
- realise they stepped right into your face.
The high heal piercing your brain, stabbing your eye out -
not knowing
not even trembling
not once.
Sonntag, 29. November 2009
Das unvermeidliche Lampenfieber beginnt sich bereits in meiner Magengegend zu sammeln. Ich betrete das Buchgeschäft und begrüße den Inhaber. Er hat seine langen schwarzen Haare zu einem Pferdeschwanz zusammen gebunden und einen festen Händedruck. Zum Glück führt er mich gleich durch die sich ansammelnden Menschen zu einem kleinen Raum hinten im Geschäft, wo ich erstmal aufs Klo sausen kann. Mein Magen spielt jedes Mal vor einer Lesung verrückt. Meine Finger sind kalt und ich weiß nicht so recht wohin mit mir. Dabei habe ich es schon eindutzend Mal gemacht. Der Raum füllt sich mit Menschen. Menschen, die mir zuhören wollen. Menschen, die der Buchtitel angesprochen hat und die jetzt die junge Autorin life erleben wollen. Viele, viele Augenpaare, die gleich jede meiner Bewegungen beobachten werden. Viele, viele paar Ohren, die jedes Wort, jedes räuspern, jedes Atemholen aufnehmen werden. Ich gehe erneut aufs Klo. Dann wende ich mich dem Besitzer zu und wir besprechen kurz das Prozedere. Er wird eine kurze Einführung machen, dann bin ich dran. Gut. Das kenne ich. Wir versuchen wie es mit dem Mikro am besten geht. Am Ende ist es doch immer das Hand Mikro im Ständer, weil das andere raschelt, rauscht oder quietscht. Ich konzentriere mich auf das Mikrofon, versuche nicht noch nervöser zu werden, weil es nicht funktioniert. Ein paar Mal sage ich sinnlos Hallo hinein, um den Ton zu testen. Es scheint zu funktionieren. Ich weiß jetzt schon, dass es mir den Blick aufs Buch leicht versperren wird. Aber was solls. Ist nicht zu ändern. Technik! Unter den Augenliedern betrachte ich mein Publikum. Viele ältere Menschen. Wenige Junge. Sogar ein paar Männer sind da. Das ist selten. Sie unterhalten sich. Manche mustern mich neugierig. Ich lächle einfach mal in die Runde und ziehe mich dann noch mal zurück in das Zimmerchen ganz hinten. Auf dem Weg hält mich eine Dame auf. Sie hat mein Buch in der Hand und will die Chance nutzen schon vor der Lesung eine Signatur zu bekommen. Ich nehme es entgegen, suche einen Kuli und schreibe etwas hinein. Ob es den Wert des Buches für die Leserin steigert, dass ich meinen Namen hinein geschrieben habe? Während ich schreibe, erzählt sie irgendwas. Sie hat es bereits gelesen. War ganz ergriffen, freut sich auf die Lesung. Damit kann ich immer noch nicht sehr gut umgehen. Ich lächle, bedanke mich und trete den Rückzug an. Schließlich rückt der Zeiger vor auf acht Uhr und wir können anfangen. Ich nutze die letzten Sekunden um noch mal aufs Klo zu huschen. Scheiß Nervosität. Dann setze ich mich hinter den Tisch, auf einen kleinen dreibeinigen Holzhocker. Ich kann mich auf ihm hin und her drehen und nehme mir vor, eben das nicht zu tun. Das spiegelt nur meine Unruhe wieder. Eine Lampe erleuchtet mein Skript und ich sehe die Menschen nicht wirklich, weil zwei Scheinwerfer mich anstrahlen. Sie sind direkt auf meinen Kopf gerichtet, damit man mich gut erkennen kann. Das mag ich nicht so gerne, denn dann muss ich mich auf mein Gehör verlassen. Um mitzubekommen wie die Reaktionen sind. Ich blicke auf und nicke Herrn Braun zu, der mich fragend ansieht. Ja. Ich bin fertig. Es kann losgehen. Herr Braun macht eine kurze Ansage, stellt sich vor, mich vor, übergibt mir das Wort. Alle klatschen. Warum klatschen sie? Ich habe noch nicht einmal begonnen. Um mir Mut zu machen? Ich wünschte sie würden nicht klatschen, aber es gehört wohl dazu. Ich räuspere mich und blicke dann auf. Ob mich jeder so hören kann, wenn ich so spreche, frage ich? Ich mustere die Schatten, die ich gegen das grelle Scheinwerferlicht wahrnehmen kann. Sicher verbergen sich nette Gesichter dahinter. Bevor ich beginne, ziehe ich noch meine Armreifen aus. Das mache ich immer, wenn ich mit Mikrofon lesen muss, weil sie beim gestikulieren so laut klappern. Warum ich sie immer wieder anziehe weiß ich selber nicht. Vielleicht beruhigt es mich ja sie auszuziehen und systematisch auf den Tisch zu legen. Rechts von mir. Jetzt bin ich bereit. Ich hole tief Luft und fange an. Erstmal stelle ich mich vor. Wer bin ich eigentlich? Wo komme ich her? Und wie ist es zu dem Buch gekommen? Langsam beruhigt sich meine Atmung. Dann beginne ich zu lesen. Jetzt bin ich ganz ruhig, ganz konzentriert. Ich höre meine Stimme, wie von ganz weit weg, als läse jemand anderes vor. Meine Hände werden wieder warm. Ich komme in Schwung. Und ich bin froh, wenn es vorüber ist.
Zigarette im Auto:
Ich fahre Auto. Meinen kleinen, roten, sehr vertrauen und braven Skoda Fabia. Ich mag mein Auto und mein Auto mag mich. Ich fahre viel. Und oft auch lange Strecken. Und seid gar nicht zu langer Zeit, habe ich mir angewöhnt beim Autofahren gelegentlich eine Zigarette zu rauchen. Früher habe ich gar nicht geraucht. Um genau zu sein, rauche ich seid weniger als 3 Jahren. Und ich bin 27 Jahre alt. Ich habe also in einer sehr untypischen Lebensphase angefangen zu rauchen. Ich rauche auch nicht immer. Zugegebenermaßen immer öfter. Egal. Tut auch eigentlich grade nichts zur Sache.
Ich sitze also im Auto und fahre so vor mich hin. Meine Gedanken wandern müßig von einem Thema zum nächsten und dann und wann verliere ich mich in einem Tagtraum. Dann sehe ich aus dem Augenwinkel einen blauen Mercedes an mir vorbeifahren. Der Fahrer zündet sich gerade eine Zigarette an. Ich beobachte, wie er sein Fenster ein Stückchen hinunter lässt und eine leichte Rauchwolke sich in der Luft verliert. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich ganz vergessen, dass ich links vorne, in einer kleinen Lade, ja auch Zigaretten habe. Nur so für den Fall, dass ich Lust bekomme. Und wie das so ist – der Blick auf den Mercedesfahrer weckt die Lust in mir. Es sind Marlboro Light. Weil die mir am besten schmecken. Behaupte ich zumindest. Eigentlich ist es wohl eher so, dass ich mit ihnen begonnen habe und jetzt habe ich mich daran gewöhnt und jede andere Sorte schmeckt – tja – einfach anders. Manche auch wirklich ekelig. Stimmt nicht. Manchmal rauche ich auch Rote Gauloise. Zwischendurch hatte ich mich ganz auf sie verlegt. Aber sie hinterlassen ein Kratzen im Hals. Und wenn ich viel rauche, dann geht es mir nach einer Nacht mit RG ziemlich schlecht. Hinten im Hals. Bei ML ist das nicht so. Die schmecken gut. Und hinterlassen nur bei echtem Übergenuss spürbare Nebenwirkungen.
Ich bin also nach wie vor in meinem Auto. Und ich habe Lust eine zu rauchen. Meine linke Hand findet die Lade mit den Zigaretten fast wie von alleine und ich werfe mir die Packung in den Schoß. Eine wird herausgenommen und zwischen die Lippen geschoben. Mit der rechten Hand suche ich dann das Feuerzeug, welches sich irgendwo unter meiner Handbremse befinden muss. Wie meistens erhasche ich zuerst das Weiße, welches schon seid Wochen nicht mehr funktioniert. Ich habe keine Ahnung, warum ich es nicht schon längst weggeschmissen habe. Das andere ist so eine halbe Portion. Ein kleines rotes Feuerzeug. Es hat die Angewohnheit sich noch kleiner zu machen, als es eh schon ist, wenn ich es brauche und suche. Es scheint sich zu ducken. Dabei ist unter meiner Handbremse wirklich nicht viel Platz um sich zu verstecken. Es entkommt mir aber nicht und schließlich kann ich mir gemütlich die Zigarette anzünden, die bereits geraume Zeit aus meinem Mundwinkel hängt.
Ich ziehe und beobachte das glühende Ende, während ich den Blick nicht von der Straße nehme. Jetzt wo sie brennt fahre auch ich mein Fenster hinunter. Nur einen kleinen Spalt breit. Ich mag es, wie der Rauch in einer kleinen Schwade von der Zigarettenspitze aus dem Fensterspalt wandert. Dann atme ich eine dicke Rauchwolke aus, die sich ebenfalls aus dem Fensterspalt nach draußen drängt. Ich genieße die Zeit mit meiner Zigarette. Ich habe mir vorgenommen, dass es die einzige bleiben wird auf dieser Fahrt. Ich übe, wie lange ich die Asche an der Spitze sammeln kann, ohne dass sie mir auf die Hose fällt. Aber eigentlich Asche ich nach jedem zweiten Zug ab. Aus dem Fenster. Ich halte nur die äußerste Spitze aus dem Fenster und der Fahrtwind übernimmt den Rest. Auch das mag ich. Ich überlege, ob sich das letzte Stückchen noch für einen langen oder eher zwei kurze Züge ausgeht. Ich entschiede mich für einen langen.
Da hupt es plötzlich und ich reiße erschrocken das Steuer rum, als mich ein drängelnder Autofahrer überholt. Dabei bin ich doch nur ganz bisschen nach links gefahren. War doch eh auf der rechten Spur. Kein Grund zu Hupen. Wirklich! Mittlerweile habe ich den
Stummel zum Fenster raus geschnippt. Und weil ich doch bisschen erschrocken bin und mich beruhigen muss, suche ich die Schachtel und das kleine rote Feuerzeug und zünde mir eine weitere Zigarette an. Gute Vorsätze mache ich mir erst morgen wieder.